Freiberufler oder Gewerbe?

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Cykid

Betreff: Freiberufler oder Gewerbe?

BeitragMi, Aug 10, 2016 8:37
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Hallo zusammen!

Ich brauche mal rat, ich blicke in der Rechtsprechung grade nicht mehr so richtig durch.

Ich habe von meinem Betrieb die Erlaubnis, neben der Ausbildung, nebenberuflich, selbstständig zu arbeiten.

Ziel der Unternehmung soll ebend sein Software zu verkaufen (Spiele/ Apps/ Office Lösungen/ Intranet Software).

Nun konnte ich in Erfahrung bringen das, wenn man als Programmierer seine Dienste anbietet, sich als Freiberufler definieren kann.

Ich jedoch möchte ja ein Produkt verkaufen. Macht das einen unterschied? Wenn ja, was wäre die geeignete Betriebsform für so einen vorhaben? Habt ihr schon Erfahrung in diesem Bereich sammeln dürfen? Würde mich interessieren =)

Viele Grüße

Vertex

BeitragSo, Aug 14, 2016 12:02
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Ich kann dir ein wenig über meine Erfahrung damit berichten. Mit ein paar Schlüsselwörtern solltest du aber nochmal selber auf Recherche gehen.

Edit: Sorry, lese gerade, dass du nicht selber programmieren möchtest. Hoffentlich hilft es dir dennoch. In dem Fall kann ich mir keineswegs vorstellen, dass der Handel mit Software eine freiberufliche Tätigkeit darstellt.

Grundlagen
Als Einzelunternehmen wird die Betätigung einer natürliche Person (d. h. ein Mensch) als Gewerbetreibender, Freiberufler oder Landwirt bezeichnet.

Du wirst vermutlich keine Kaufmannseigenschaft besitzen. Das wäre dann Pflicht, wenn du 600.000 Euro Umsatzerlöse und 60.000 Euro Jahresüberschuss überschreitest.

Es gibt Kataloge dafür, welche Berufe als Freiberufler anerkannt sind. Ich selber kenne keinen Entwickler, der Freiberufler ist. Sie arbeiten alle auf Gewerbeschein. Ich habe auch auf Gewerbeschein gearbeitet. Freiberufler haben den Vorteil, kein Gewerbe anmelden zu müssen. Sie müssen lediglich beim Finanzamt eine Steuernummer beantragen.

Kleinunternehmerregelung: Kleinunternehmer kann nur der sein, dessen Umsatz mit umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen im Vorjahr nicht über 17.500 Euro überschreitet und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro betragen wird.

Gründung als Gewerbetreibender
Anmeldung beim Gewerbeamt. Informiere dich in deiner Stadt, wo das Gewerbeamt ist. Die Gebühr für den Gewerbeschein ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Stelle dich auf ca. 30 Euro Anmeldegebühr ein. Formuliere deine Tätigkeit so allgemein, wie möglich. Würdest du "Entwicklung von Backends" angeben, und dann eine App entwickeln, müsstest du im schlimmsten Fall einen weiteren Gewerbeschein beantragen. Ich habe "Softwareentwicklung" als Tätigkeit angegeben.
Nach der Anmeldung bekommst du Post vom Finanzamt wo du deine Steuernummer erfährst. Beim Ausfüllen des Formulars vom Finanzamt achte darauf, dass du den Kleinunternehmerstatus beantragst. Nach dem du die Steuernummer hast, kannst du Rechnungen erstellen.

Folgen der Gewerbeanmeldung
    Du bist automatisch Mitglied der Industrie und Handelskammer, IHK. Ab einem Gewissen Umsatz musst du Mitgliedschaftsgebühren dafür bezahlen. Die IHK vertritt quasi die Unternehmen.
    Du musst jährlich zur Einkommensteuererklärung noch eine Gewerbesteuererklärung machen und eine Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) abgeben.


Rechnungen erstellen
Auf die Rechnung gehört immer der Leistendende (=du) und der Leistungsempfänger. Zudem musst du deine Steuernummer angeben. Als Kleinunternehmer gibst du keine Umsatzsteuer (=Mehrwertsteuer) an. Ich habe immer
Zitat:
Gemäß § 19 (1) UStG enthält der ausgewiesene Betrag keine Umsatzsteuer.
darunter geschrieben.

Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)
Bei mir war das immer ein formloses Blatt. Da habe ich eine zweispaltige Tabelle mit Excel gemacht. Die linke Seite waren Einnahmen die rechte Seite Ausgaben. Wenn ich mich recht erinnere, gibst du als Datum der einzelnen Posten immer an, wann du das Geld erhalten bzw. überwiesen hast. Wenn du bspw. ein Smartphone zur Entwicklung gekauft hast, dann gibst du das Datum an, wann der Betrag von deinem Konto abgebucht wurde. Bei den Einnahmen genauso: Du nimmst das Datum, wann der Betrag dir auf deinem Konto gebucht wurde.
Das spielt eine Rolle bzgl. der Steuern. Hast du bspw. im Jahr 2016 Einnahmen i.H.v. 5.000 Euro und im Dezember einen PC für 1.000 Euro gekauft, dann kommt es darauf an, wann der PC eine Ausgabe für dich wurde. Wurde der Betrag noch im Dezember abgebucht, hast du einen Gewinn im Jahr 2016 von 5.000-1.000=4.000 Euro. Wird er erst im Januar 2017 abgebucht, dann hast du einen Gewinn im Jahr 2016 von 5.000 Euro.

Steuern
Bei kleinen Einnahmen brauchst du keine Angst zu haben, dass du viel Steuern bezahlen musst. Informiere dich nach dem aktuellen Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuer und bei der Gewerbesteuer. Ich lag immer knapp darunter.

Da ich Anfangs keine Ahnung hatte, war ich mit der Anmeldung überfordert. Auch was auf mich dann noch an Steuern etc. auf mich zukommt. Letztlich lief aber bisher alles super. Auch bei der diesjährigen Steuererklärung mit Elster, wo ich nur die Hälfte verstanden habe, gab es keine Probleme. Von daher kann ich es nur empfehlen, sich ein wenig Taschengeld dazu zu verdienen.
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Cykid

BeitragSo, Aug 14, 2016 20:44
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Danke für die Antwort!

Ich werde schon selbst Programmieren, nur eben nicht für einen Auftrag (sprich jemand stellt mich ein um eine website zu erstellen), sondern ich würde z.b. App XY schreiben und diese auf dem Markt schmeißen.

Und nach dem aktuellen Stand wäre ich auch nicht alleine. Das heißt ja das eine GBR sinnig wäre, hätte den nachteil das man sich nicht als Firma repräsentieren darf.

Wahrscheinlich wird es eine UG.. Aber ich werde mich nochmal beraten lassen.

DAK

BeitragMo, Aug 15, 2016 12:51
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Ich kann dir nur davon berichten, wie das hier in Österreich rennt, allerdings scheinen die Begriffe gleich zu sein, also wahrscheinlich gilt es auch so in Deutschland.

Freiberufler ist man dann, wenn man eigentlich ein Arbeitnehmer ist, der Chef einem aber nicht die Rechte und Vorteile eines Arbeitnehmers einräumen will Wink
Das heißt, du bist für eine Firma, in einer Firma tätig, machst es aber auf deine eigene Kappe. Du machst dir dann deine eigene Steuer und hast keinen Arbeitnehmerschutz, wie es ein normaler Arbeitnehmer hätte. Dafür bist du auch nicht weisungsgebunden, kannst also machen was du willst, solange du im Endeffekt die Arbeit ablieferst, die dein Chef will.

Willst du Spiele programmieren und verkaufen, dann fällst du ziemlich sicher nicht in diese Sparte, außer du machst für eine einzelne Firma immer wieder Spiele oder so. Und auch selbst dann ist es schon eher an der Grenze. Damit brauchst du also ziemlich sicher einen Gewerbeschein. Ist aber normalerweise auch recht unkompliziert.
Gewinner der 6. und der 68. BlitzCodeCompo

DivineDominion

BeitragFr, Jun 09, 2017 14:53
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Vielleicht bisschen spät, aber hier ist die Latenz ja überall sehr hoch ... Smile

Als Unternehmen bist du schon mal in der richtigen Richtung unterwegs, Freiberufler passt da nicht. Eine UG kostet natürlich erst mal. Vieles kann man auch mit 2 Einzelunternehmen starten. Das geht für wenige Euro im Gewerbeamt und mit ein bisschen Finanzamtarbeit -- ist ansonsten aber ein sehr einfacher Einstieg in die Geschäftswelt.

Je nachdem, wo du deine Verkäufe zur Verfügung stellst, müssen dir deine Partner nicht mal Rechnungen schreiben, um ihren Anteil zu bekommen. Manche e-commerce Plattformen bieten "split payments" direkt an, sodass jeder seinen festen Anteil überwiesen bekommt und sich dann nur um diesen Anteil in der eigenen Buchhaltung kümmern muss. Aber bei Spielen und der Anzahl an Verkaufsplattformen, die es da gibt, lohnt sich wohl den cashflow einmal zu kanalisieren und dann aufzuteilen. Da dir deine Partner Rechnungen schreiben, ist das gleich eine Unternehmensausgabe und schlägt in der Einkommenssteuer nicht zu buche. (Da kommt nur der Überschuss = Gewinn zu tragen.)

Insgesamt kann ich auch Hobbyisten mit Gewinnabsicht nur empfehlen, sich so ein Kleinunternehmen zuzulegen und damit den Buchhaltungskram schon mal zu üben. Das nervt ein wenig, aber dann setzt man sich mit den leichten Themen auseinander, bevor dann später mit den Millionenerfolgen die ganzen Probleme anfangen Wink
christian.tietze@gmail.com - https://christiantietze.de
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BeitragMo, Jun 12, 2017 12:50
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Ich würde zur Gründung einer UG (Mini-GmbH) raten. Das Problem an einem Kleingewerbe ist, dass man mit seinem kompletten Privatvermögen im Schadensfall haftet und bei einer UG ist man halt haftungsbeschränkt. Denn sollte mal der Fall eintreten, dass es Schadensersatzforderungen gibt z.B. durch Datenverlust oder es ensteht ein Schaden am Endgerät, steht man schlecht da als "Kleingewerbler". Theroretisch lässt sich eine UG mit einer 1 Euro Einlage gründen und man ist dann nur mit dieser Einlage haftbar. Unterm Strich ist die Gründung der UG teurer aber auf lange Sicht einfach besser.

Xaron

BeitragMi, Jun 21, 2017 12:03
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Ich würde von der Gründung einer UG abraten. Mords-Aufwand, der bis auf die beschränkte Haftung (die bei "normaler" Softwareentwicklung schlicht nicht nötig ist) nichts bringt. Auch steuerlich sind da keine Vorteile zu erwarten.

Außerdem musst Du dann Teile Deiner Gewinne im Jahr für Rückstellungen ansparen, bis aus Deiner Mini-GmbH eine echte (25.000€) geworden ist. Diese 25.000€ liegen dann einfach als Haftungskapital sinnlos rum.

Das macht aus meiner Sicht bei kleinen Entwicklern wie uns überhaupt keinen Sinn.

Ansonsten: Definitiv bist Du kein Freiberufler. Aus eigener Erfahrung (und nach Rücksprache mit einer Steuerkanzlei) kann ich Dir aber sagen, dass das dem Finanzamt wurscht ist, so lange Du unter dem Betrag von 24500€ im Jahr (Gewinn!) bleibst. Erst ab da sind Gewerbesteuern fällig.
Cerberus X - Monkey X Reloaded!

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BeitragMo, Jul 03, 2017 10:33
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Ich bestätige, dass eine UG Gründung aufwändig und mit unter auch teuer ist (beispielsweise wegen Notarkosten). Ich denke UG/GmbH macht dann Sinn, wenn du eine richtige Firma aufbauen möchtest, die voraussichtlich auch entsprechende Gewinne abwerfen wird.

Haftungsbeschränkung ist so eine Sache. Wenn man dir als Geschäftsführer nachweisen kann, dass du deiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen bist (beispielsweise Copyright Verletzung), geht es nach wie vor an dein Privatvermögen (nachdem das Firmenvermögen aufgebraucht wurde).
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